Die Zukunft von Air Berlin
Air Berlin hat wieder einmal rote Zahlen veröffentlicht, diesmal für das erste Halbjahr 2011. An Ausreden mangelte es wie üblich nicht, die Luftverkehrsabgabe, der hohe Ölpreis, die Krisen in Nordafrika seien schuld am Ergebnis. Doch mal ehrlich, der Ölpreis ist seit Jahren und für alle hoch, die Luftverkehrsabgabe tragen die Kunden und Ägypten und Tunesien sind im Streckennetz der Air Berlin nur Randgebiete, Libyen wird sowieso nicht angeflogen.
Doch diesmal folgte den schwachen Zahlen ein ungewöhnlicher Paukenschlag: Der Vorstandsvorsitzende Joachim Hunold wirft das Handtuch und gibt seinen Posten zum 01.09.2011 ab. Sein Nachfolger wird das bisherige Aufsichtsratmitglied Hartmut Mehdorn.
Hunold stand fast 20 Jahre an der Spitze von Air Berlin. Von manchen Medien wurde er sogar fälschlicherweise als Unternehmensgründer bezeichnet. In seiner Zeit wuchs die Fluggesellschaft von einem kleinen Nischenunternehmen mit 2 Flugzeugen zur zweiten Kraft in Deutschland hinter der Lufthansa. Mit viel Leidenschaft und Pioniergeist hat Hunold eine große Firma mit über 150 Flugzeugen geschaffen. Allerdings fehlte im stets der Feinschliff, oft ging ihm offenbar persönliche Geltungssucht vor den betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Air Berlin schreibt seit Jahren rote Zahlen. Ein klares Geschäftsmodell ist bis heute nicht erkennbar, Air Berlin bewegt sich hier zwischen Provinz-Billigflieger (Ryanair), Metropolen-Billigflieder (easyJet), globalem Anbieter (Lufthansa), Urlaubsflieger (LTU), innerdeutschem Shuttle (dba) und Nischenanbieter (Hamburg International/ Luftfahrtgesellschaft Walter). Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Neben dem bizarren Geschäftsmodell hat auch die wirre Flottenpolitik von Air Berlin sicherlich keinen guten Einfluss auf die Ergebnisse des Unternehmens. Hunold wechselte fröhlich zwischen Airbus und Boeing hin und her. Die Kurzstreckenflotte besteht jeweils fast zur Hälfte aus A320 und 737, von beiden sind noch weitere Exemplare bestellt. Die Langstreckenflotte besteht aus hauptsächlich von LTU übernommenen A330, nun sollen ähnlich viele 787 dazu kommen. Hunold ließ es sich nicht nehmen, beim potemkinschen roll-out der 787 im Jahr 2007 den Stargast des Tages zu spielen, der gleich 25 Exemplare des vermeintlichen Wunderfliegers bestellte. Davon hat er mittlerweile 10 wieder abbestellt. In wenigen Tagen gibt er sein Amt bei Air Berlin auf. Das musste er auch, denn wie Air Berlin selbst zugibt, ist auch der für 2011 versprochene Gewinn nicht mehr realisierbar. Wie geht es nun unter Hartmut Mehdorn weiter?
Mit 69 Jahren ist Hartmut Mehdorn längst im besten Pensionärsalter. Als langjährigen Chef des Unternehmens kann man ihn sich nicht vorstellen, nur als Interimslösung. Mehdorn hat in der Luftfahrtbranche einen guten Ruf, den verdankt er seiner Zeit bei Airbus. In der Transportdienstleistungsbranche ist das anders, zu oft eckte er in seiner Zeit als Chef der Deutschen Bahn bei Kunden, Mitarbeitern und Eigentümern an. Die notwendig gewordenen Einschnitte bei Air Berlin sind ihm zuzutrauen, aber hat er auch den strategischen Weitblick?
Wie geht es mit Air Berlin weiter?
Meiner Meinung nach braucht Air Berlin einen jungen und dynamischen Vorstandsvorsitzenden. Einen, der in erster Linie betriebswirtschaftlich denkt, gleichzeitig aber auch eine Leidenschaft für das Fliegen und Flugreisen hat. Einen, den das Ergebnis seiner Firma interessiert, nicht Gala-Veranstaltungen und Auszeichnungen.
Air Berlin braucht ein klares Geschäftsmodell. Dabei sollte man sich auf das Geschäft einer interkontinentalen Fluggesellschaft konzentrieren. Die Drehkreuze sollten Düsseldorf und Berlin sein. Der Beitritt zur oneworld-Allianz bringt sehr viel Potential, allerdings muss dafür auch viel gearbeitet werden. Die großen oneworld-Gesellschaften Cathay Pacific, Qantas, Japan Airlines, Lan Chile und American Airlines bedienen in Deutschland alle ausschließlich das Lufthansa-Drehkreuz Frankfurt, und eben nicht Düsseldorf oder Berlin, ebenso der Beitrittskandidat Malaysian Airlines. Mit den Verbindungen von S7 und Royal Jordanian nach Berlin wurden bereits die ersten richtigen Schritte eingeleitet. Auch der Zugang zu den europäischen Partnern (British Airways, Iberia, Malev) passt noch nicht. Air Berlin fliegt in London nur die Sekundärflughäfen Gatwick und Stansted an, hat sich in Spanien auf Palma de Mallorca konzentriert und fliegt Budapest überhaupt nicht an.
Das Charter- und Urlaubsgeschäft sollte Air Berlin ausgliedern und wieder unter der nach wie vor sehr beliebten Marke LTU durchführen. Eine Trennung zwischen Hauptlinie und Touristen-Flieger, wie sie Lufthansa und Condor Jahrzehnte lang erfolgreich betrieben, wäre auch hier ein denkbarer Ansatz.
Weiterhin muss Air Berlin seine Flotte entrümpeln. Da ein vollständiger Ersatz der A320 durch 737 (oder umgekehrt) vermutlich sehr teuer wäre, sollte man sie auf die Gesellschaften (s.o.) oder auf die Drehkreuze verteilen, um zumindest teilweise durch Einheitlichkeit Kosten zu sparen.
Auf jeden Fall wartet noch viel Arbeit auf das Management von Air Berlin.