Montag, 19. Dezember 2011

Etihad Airways steigt bei Air Berlin ein


Heute ist passiert, was jüngst noch dementiert. Die staatliche Fluglinie Etihad Airways aus dem ölreichen Emirat Abu Dhabi steigt bei Air Berlin ein. Für 73 Millionen Euro stockt Etihad seinen (bisher nicht öffentlich bekannten) Anteil an Air Berlin über eine Kapitalerhöhung von 3% auf 29% auf. Weiterhin stell Etihad dem kriselnden Unternehmen aus der Bundeshauptstadt bis zu 255 Millionen US-Dollar in Form von Krediten zur Verfügung. Die beiden Fluggesellschaften wollen ihre Streckennetze und Vielfliegerprogramme aufeinander abstimmen.

Wer ist eigentlich Etihad? Nachdem Abu Dhabi seinen Anteil an der Gulf Air verkauft und von den gigantischen luftfahrerischen Expansionsplänen seines Nachbaremirates Dubai erfahren hat, gründete es im Jahre 2003 die Etihad Airlines, um auch einen Anteil am Umsteigeverkehr in der geographisch gut gelegenen Region zu bekommen und nicht neben Dubai in der völligen Bedeutungslosigkeit zu versinken. Die staatliche Investionsbehörde des Emirates, die Abu Dhabi Investment Authority, verwaltet ein Vermögen von ca. 600-900 Milliarden US-Dollar, außerdem verfügt das größte der sieben arabischen Emirate, im Gegensatz zu Dubai, immer noch über große Ölreserven. Ein paar Milliarden für eine Fluggesellschaft fallen da sicher nicht ins Gewicht.

Meine Meinung: Air Berlin erkauft sich hiermit Zeit vor dem drohenden Untergang und hat zukünftig einen finanzstarken Partner an der Seite. In einem Pressebericht wurde behauptet, Etihad habe, was Air Berlin brauche. Das stimmt nicht so ganz, denn was Air Berlin im Moment am dringendsten fehlt (Gewinn), hat die noch junge Gesellschaft aus Abu Dhabi bis heute auch noch nicht erzielt. Allerdings ist eine Finanzspritze von nur 73 Millionen Euro nicht besonders viel für eine Firma wie Air Berlin, die im Jahr 2010 noch einen Verlust von 97 Millionen Euro verbuchte und mittlerweile auf einem Schuldenberg von mindestens 644 Millionen Euro sitzt.

Passen Air Berlin und Etihad überhaupt zusammen? Zum Teil. Etihad flog zunächst in Deutschland Frankfurt, dann München an, also die größten Flughäfen, an denen Air Berlin neben dem Platzhirschen Lufthansa eher eine Nebenrolle spielt. Seit einigen Tagen fliegt Etihad nun auch nach Düsseldorf, einem der größeren Drehkreuze der Air Berlin.

Bereits im Januar wir Air Berlin die Strecke nach Dubai einstellen. In diese Lücke war sie geschickt gesprungen, denn Emirates Airlines aus Dubai darf diese Strecke nicht bedienen, die Deutsche Lufthansa will sie nicht bedienen und sorgt auch dafür, dass Emirates es weiterhin nicht darf. Statt Dubai wird Air Berlin nun das Etihad-Drehkreuz in Abu Dhabi anfliegen, einer kleineren Stadt mit weit weniger Umsteigmöglichkeiten. Berlin verliert somit seine Direktanbindung an eine der dynamischsten Städte der Welt mit dem potentiell bald größten Flughafen der Welt. Das finde ich bedauerlich. Auch sollen Direktverbindungen wie die von Berlin nach Bangkok bald eingestellt werden, diese werden dann über Abu Dhabi abgewickelt.

Air Berlin fügt seinem ohnehin recht wirren Geschäftsmodell nun auch noch die Rolle des Zubringers für Etihad hinzu.

Die interessantesten Eindrücke konnte ein Mäuschen heute wahrscheinlich weder in einem Büro in Berlin noch in einem in Abu Dhabi mitgenommen haben. Viel spannender dürfte gewesen sein, was sich in London, Amman, Hong Kong und Sydney abgespielt hat. Air Berlin möchte bald dem globalen Luftfahrt-Bündnis oneworld beitreten. Einige der Fluggesellschaften dieser Allianz, allen voran British Airways, Royal Jordanian, Cathay Pacific und Qantas betrachten die Fluggesellschaften vom Persischen Golf als existenzielle Bedrohung. Unter diesem Aspekt hat sich der Beitrittskandidat Air Berlin heute sicherlich keinen Gefallen getan.